Das Corona-Paradoxon: Wohnimmobilienpreise steigen während der Krise weiter
14. September 2020
Während die Corona-Pandemie Teile des Immobilienmarktes – vor allem Hotels und Non-Food-Einzelhandel – schwer trifft, scheinen Wohnimmobilien sogar zu profitieren. Zahlen des statistischen Bundesamtes und der großen Maklerhäuser für die Quartale zwei und drei legen dies nahe.
Zu Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland gab es zahlreiche Stimmen, die vor einem Einbruch am Immobilienmarkt – insbesondere im Wohnsegment mit seinen hohen Preisen – gewarnt haben. Beispielsweise titelte Spiegel Online am 26. März 2020: „Coronakrise könnte Immobilienboom stoppen“. Rund sieben Monate später zeigt sich, dass diese Einschätzung zumindest für das Wohnsegment falsch war.
Trotz des großen wirtschaftlichen Einbruchs sind die Preise für Wohnimmobilien hierzulande im Frühling und Sommer weiter gestiegen. Im zweiten Quartal lagen sie dem Statistischen Bundesamt zufolge um durchschnittlich 6,6 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Die Preise für Eigentumswohnungen in den sieben größten Metropolen (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf) sind im zweiten Quartal um 6,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal gestiegen. Der Preisanstieg beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Metropolen: Nimmt man alle Großstädte ab 100.000 Einwohner, stiegen die Preise für Eigentumswohnungen sogar noch stärker. Der Zuwachs betrug im zweiten Quartal im Vergleich zum Vorjahresquartal 8,2 Prozent.
Für die gute Performance des Wohnsegments gibt es im Wesentlichen drei Gründe:
- Erstens: Die umfassenden Stabilisierungsmaßnahmen der Bundesregierung – Stichwort Kurzarbeit und Corona-Soforthilfen – haben die Folgen der Krise abgefedert. Mietausfälle gab es im Wohnsegment nur in sehr geringem Ausmaß im unteren einstelligen Prozentbereich.
- Zweitens: Auf dem Investmentmarkt zeigt sich in der Folge der Krise eine Differenzierung: Vor allem Handelsimmobilien und Hotelimmobilien haben unter den Folgen der Krise zu leiden. Wohnimmobilien hingegen gelten als sicherer Hafen. Daher konzentriert sich nun noch mehr anlagesuchendes Kapital auf das Wohnsegment.
- Drittens: Die ultraniedrigen Zinsen bleiben der zentrale Treiber der Immobilienpreise. Experten wie Prof. Dr. Steffen Sebastian von der Universität Regensburg vermuten, dass sich die Wohnungspreise auch dann als stabil erweisen werden, wenn die Krise noch andauert.
Transaktionsmarkt unbeeindruckt von Corona
Auch ein Blick auf den Transaktionsmarkt bestätigt, dass das Wohnsegment von der Krise unbeeinflusst bleibt. So wurden zwischen Januar und September 2020 am deutschen Wohninvestmentmarkt Portfolios für mehr als 16 Mrd. Euro gehandelt. Den großen Maklerhäusern JLL, CBRE und BNPPRE zufolge sind das 25 Prozent mehr als 2019. Das hohe Transaktionsvolumen wurde den Maklern zufolge teilweise von einigen einzelnen großen Übernahmen getrieben. Aber auch die Nachfrage sowohl institutioneller als auch privater Investoren nach den als „besonders risikoarm und krisenresistent“ eingeschätzten Wohnimmobilien spiele eine große Rolle.
Wohnimmobilien gelten als krisenresistent
Fest steht: Die Corona-Krise ist noch nicht vorbei. Der weitere Verlauf und die Dauer sind auch nach sieben Monaten nur schwer prognostizierbar. Die Auswirkungen auf den Immobilienmarkt haben teilweise einen zeitlichen Verzug und werden sich erst nächstes Jahr voll zeigen. Dennoch ist ein Zwischenfazit möglich: Wohnimmobilien sind bislang ziemlich unbeschadet durch die Krise gekommen und haben ihren Ruf als konjunkturunabhängige, krisenresistente Assetklasse verteidigt.
Stand: 15.10.2020