Auf der Suche nach den Perlen
23. August 2021
Der Ankauf von Wohnimmobilien ist derzeit herausfordernd. Dominik Lauer kann mit diesen Herausforderungen umgehen. Er ist bei INDUSTRIA WOHNEN seit sechs Jahren verantwortlich für die kaufmännische und technische Seite von Akquisitionen. Im Interview berichtet er, wie er unter 3.000 Immobilienangeboten die richtigen herausfiltert und welche Kriterien sich INDUSTRIA WOHNEN für den Ankauf von neuen Immobilien und deren Verkäufer auferlegt hat.
INDUSTRIA WOHNEN bekommt weit über 3.000 Immobilienprojekte im Jahr angeboten. Wie finden Sie in dieser Masse die „Perlen“, die Sie dann auch ankaufen?
DL: Wir scannen alle Angebote und filtern dann diejenigen heraus, die aussichtsreich sind. Wir achten auf die üblichen Kriterien wie Makro- und Mikrolage, die lokale Wirtschaft, sowie die Entwicklung von Bevölkerung und Beschäftigung.
Eine zentrale Rolle spielt sicherlich die Rendite, oder?
DL: Natürlich. Wir haben für unsere verschiedenen Fonds unterschiedliche Vereinbarungen und Untergrenzen definiert. Beim Publikumsfonds liegt diese in Bezug auf die Nettoanfangsrendite der Einzelimmobilie bei rund drei Prozent. Wir kalkulieren auch, welchen Beitrag eine Immobilie zur Ausschüttung des Fonds leisten kann. Auch dies ist eine wichtige Kennzahl, da wir – beispielsweise beim Publikumsfonds – anstreben, die Ausschüttung konstant zu halten.
Daneben gibt es aber auch Volumengrenzen. Eine Due Diligence (Gründliche Prüfung vor dem Ankauf) verursacht auch Arbeit und damit Kosten – beispielsweise für Rechtsanwälte und Berater. Daher lohnt es sich in der Regel nicht, unterhalb einer Grenze von zehn Millionen Euro Investmentvolumen den gesamten Prüfprozess zu starten.
Wer bietet Ihnen Immobilien an? Könnten Sie dies spezifizieren?
DL: Wir haben zu vielen größeren Projektentwicklern gewachsene Beziehungen, aber bei uns kommen auch kleinere Projektentwickler zum Zug. Insgesamt zahlt sich auch die Arbeit der letzten Jahre aus, wir haben ein gutes Standing am Markt und bekommen auch ausgewählte Objekte und „Trophy-Immobilien“ angeboten. Zu einigen großen Developern haben wir strategische Partnerschaften aufgebaut. Bekannte Namen sind beispielsweise der schwedische Projektentwickler Bonava und der niederländische Projektentwickler Ten Brinke. Hinzu kommt ein Netzwerk an Vermittlern, die immer wieder mit interessanten Projekten auf uns zukommen. Und schließlich haben wir eine allgemeine E-Mail-Adresse, über die wir zahlreiche Initiativangebote per Mail bekommen. Auch darunter sind immer wieder mal verborgene Perlen.
Wo liegen die Herausforderungen bei einer Transaktion?
DL: Wir legen Wert auf eine sehr intensive Abstimmung in der Anfangsphase, bevor wir einen LOI (Letter of Intent) unterzeichnen. Von der Unterzeichnung des LOI dauert es in der Regel sechs bis acht Wochen bis wir zum Notar gehen und den Kaufvertrag unterschreiben. Das ist eine relativ kurze Spanne. In dieser Zeit müssen wir alle notwendigen Due Diligences durchführen und parallel den Kaufvertrag verhandeln. Zudem müssen wir auch unsere Service-KVG und unsere Anleger – zumindest bei den Spezialfonds – abholen. Das ist dann immer eine sehr intensive Zeit, in der viele Prozesse parallel laufen.
Betrachtet man die Ankäufe des FOKUS WOHNEN DEUTSCHLAND, fällt auf, dass ja fast nur noch Neubau angekauft wird und kaum noch Bestandsobjekte. Warum ist das so?
DL: Es ist aktuell sehr schwierig, adäquate Bestandsimmobilien zu bekommen, die preislich für unsere Anleger vertretbar sind. Wir wollen gerade im FOKUS WOHNEN DEUTSCHLAND unsere Ausschüttung weiterhin konstant darstellen. Dies ist mit Bestandsimmobilien zu den aktuellen Preisen sehr schwierig. Daher hat sich der Ankauf in den letzten Jahren immer mehr auf Projektentwicklungen verlagert. Über Forward-Deals können wir höhere Renditen realisieren.
Wenn Sie bei einem Entwickler kaufen, welche Rolle spielt dann der Track Record des Unternehmens?
DL: Es ist für uns sehr wichtig, dass es sich um einen Entwickler handelt, der stabil aufgestellt ist und gewährleistet, dass er die Projekte, die wir ankaufen, auch realisieren kann. Daher haben wir in den vergangenen Jahren die bereits erwähnten Partnerschaften zu qualitativ hochwertigen Entwicklern aufgebaut. So konnte auf beiden Seiten das notwendige Vertrauen aufgebaut werden.
Und was machen Sie, wenn ein neuer Entwickler kommt?
DL: Wir schauen uns natürlich auch kleinere bzw. neue Marktteilnehmer an. Hier ist das persönliche Gespräch sehr wichtig, um das Gegenüber einzuschätzen. Wir müssen ein Gefühl dafür bekommen, ob das Projekt auch realisiert werden kann. Dabei spielt auch ein Blick in die Kalkulation eine wichtige Rolle. Wie realistisch erscheint uns diese? Wenn vorhanden, nehmen wir natürlich auch die Qualität der bereits realisierten Projekte unter die Lupe.
Bei neuen Developern prüfen wir auch, ob es beispielsweise einen Partner oder Geschäftsführer gibt, der vorher bereits bei einer renommierten Adresse längere Zeit gearbeitet hat und dort Projekte verantwortet hat. Natürlich hören wir uns auch am Markt um und holen uns die Meinung anderer Marktteilnehmer ein.
Sie sind bei INDUSTRIA WOHNEN schon seit sechs Jahren im Ankaufsteam. Was hat sich in diesem Zeitraum verändert?
DL: In der Assetklasse Wohnimmobilien sind sehr viele neue Marktteilnehmer hinzugekommen. Man muss allerdings ergänzen, dass auch die Produktpalette größer geworden ist – hinzu kamen beispielsweise gefördertes Wohnen oder Serviced Apartments.
Grundsätzlich hat das Tempo zugenommen – sowohl bei der Umschlaghäufigkeit als auch bei der Abwicklung von Transaktionen. Dass in diesem Zeitraum die Preise deutlich gestiegen sind, ist bekannt. Hinzu kommt aktuell der deutliche Anstieg der Baukosten und die zunehmende Materialknappheit. In dieser Gemengelage hilft uns unser gewachsenes Netzwerk enorm weiter. Es erlaubt uns, Bieterverfahren o.Ä. zu vermeiden.
Herr Lauer, wir danken Ihnen für das Gespräch!